In Prag gab es im Januar 1625 einige Aufregung. Vor allem erregte ein Gerichtsverfahren große Aufmerksamkeit: eine Mordgeschichte, die besonderes Interesse erregte und deswegen auch von der zeitgenössischen Publizistik aufgegriffen wurde. Im Mittelpunkt, wie konnte es in diesen Zeiten anders sein, stand ein Offizier.
Konkret ging es um einen Leutnant namens Thomas Royer, der von adliger Abstammung und aus Lüttich stammen sollte1. Er war mit einem Diener des Appellationspräsidenten von Tallenberg in der Kirchen St. Georg aneinandergeraten („ein handel … gehabt“); was genau vorgefallen war, kam nicht zur Sprache2. Es war allerdings schwerwiegend genug, daß dem Leutnant „das Leben durchs Kriegs Recht abgesprochen“ worden war. Sein Glück war es, daß entsprechende Fürbitten ihn vor der Hinrichtung bewahrten.
Dieses Glück hielt ihn aber nicht von einer neuerlichen Bluttat ab. „vnlangst [hatte er ] aber einen Münch auff der Gassen bey Nachtszeit / entleibt“. Erneut wurde er zum Tod verurteilt. Doch nun gelang es Royer, vor allem auch „durch übersehung der Guardi / welche jhn nach dem gefellten Vrtheil in verhafft bringen sollen“, aus dem Gewahrsam zu entfliehend und sich in das Jesuitenkolleg zu retten. Doch der Orden lieferte den Leutnant an den Erzbischof aus, der ihn seinen Gerichtsbehörden überstellte. Ungeachtet der vorigen Fürsprache zu seinen Gunsten, bei der offenbar die Kaiserin und die „junge[.] Key. Herrschaff“ involviert waren, sollte nun der Gang des Rechts eingehalten werden, denn durch seine Taten war Royer „noch tieffer in die straff gefallen“.
Die Wachen wurden nun verstärkt, die Exekution sollte in jedem Fall vollstreckt werden: zuerst wurde „letztlich durch das Kriegs Recht“, wie die Zeitung betont, die rechte Hand, dann der Kopf abgeschlagen. Da der Verurteilte aber zuvor hatte entwischen können, mußten sich nun auch seine Wärter verantworten: zwei Wachtmeister und weitere Offiziere wurden verhaftet, „denen es nicht wol außschlagen dörfft“.
Die Geschichte des gewalttätigen Offiziers Royer dominierte die Nachrichten aus Prag. Doch es gab auch noch ein paar andere Meldungen, die eher nebenbei kamen, aber doch eine politische Bedeutung besaßen. So hieß es von Karl von Liechtenstein, daß er den Kaiser „vmb erlassung seines tragenden Gubernaments“ bitte3. Die Nachricht ist insofern erstaunlich, als der Fürst bis zu seinem Tod 1627 weiterhin als Statthalter in Böhmen fungierte. Doch einige Tage später hieß es, daß der älteste Sohn des Kaisers, also Ferdinand III., nun „Regent in Böhmen“ werden solle4. Eine Veränderung in der Verwaltung des gerade erst unter Habsburgischer Herrschaft befriedeten Königreichs Böhmen war nicht unwichtig. Gerüchte über einen Amtsverzicht Liechtensteins waren deswegen hochbrisant.
Dies mag auch dazu beigetragen haben, daß viele eine weitere Nachricht noch weniger Aufmerksamkeit geschenkt haben. Denn ebenfalls am 18. Januar erfolgte die Meldung, daß Wallenstein nach Wien aufgebrochen sei, „vmb bey J. Key. Maj. anzubringen / wie hochnötig es sey / diese Statt Prag an heils Orten zubevestigen / erbeut sich auch ein zimliche Summa Gelts darzu herzuleihen“5. Wallenstein, so zeigte diese Nachricht, engagierte sich sehr in der böhmischen Politik und suchte deutlich die Nähe zum Kaiserhof. Wohin das bereits im Jahr 1625 führte, sollte schon in wenigen Monaten deutlich werden.
- Weitere Informationen zu Royer sind nicht vorhanden; bekannt ist nur ein Franz von Royer, der in der zweiten Kriegshälfte in der kurbayerischen Armee diente und Karriere machte, siehe http://www.30jaehrigerkrieg.de/16371/ . [↩]
- Ordinari-Diensttags-Journal, 1625, V.: Auß Prag den 18. Januarij, https://brema.suub.uni-bremen.de/zeitungen17/periodical/pageview/1139979 . [↩]
- Ebenda, https://brema.suub.uni-bremen.de/zeitungen17/periodical/pageview/1139979 . [↩]
- „Auß Prag den 25. Januarij, https://brema.suub.uni-bremen.de/zeitungen17/periodical/pageview/1139988 . [↩]
- Wieder Ordinari-Diensttags-Journal, 1625, V.: Auß Prag den 18. Januarij, https://brema.suub.uni-bremen.de/zeitungen17/periodical/pageview/1139979 , [↩]
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Michael Kaiser (21. Januar 2025). 18. Januar 1625: Neuigkeiten aus Prag. dk-blog. Abgerufen am 17. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/1343g